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Agrartechnologie mit Nachhaltigkeit

Ausgangssituation

Grundsätzlich ist jede Bodenbearbeitung bzw. Bodenaufbereitung, sei es Pflügen, Grubbern oder das Arbeiten mit der Kreiselegge unabhängig von anderen Faktoren immer von drei Eckpunkten bestimmt:

  1. Jede Bodenbearbeitung ist mit einem gewissen Verschleiß der dafür verwendeten Werkzeuge verbunden.
  2. Nur unverschlissene, scharfe Werkzeuge garantieren eine optimale Bodenaufbereitung und treibstoffeffizientes Arbeiten.
  3. Je verschleißresistenter ein Werkzeug ist, desto höher sind die Anschaffungskosten.

Problemstellung

Somit steht jeder Landwirt vor der Frage der Wirtschaftlichkeit und muss sich grundsätzlich entscheiden, ob er lieber teurere Werkzeuge kaufen möchte und diese somit weniger oft wechseln muss, oder ob er lieber günstigere Werkzeuge verwenden möchte und dafür ein häufigeres Nachkaufen und Auswechseln der Werkzeuge akzeptiert.

Was bestimmt den Verschleiß

Der Verschleiß ist im Wesentlichen durch die Bodenbeschaffenheit, das Werkzeugmaterial, die Arbeitsgeschwindigkeit, die Werkzeuggeometrie, die Einsatzzeit des Werkzeuges und die Bearbeitungstiefe bestimmt.

  • Bodenbeschaffenheit: Die mineralische Zusammensetzung des Bodens sowie die Kornform der Sedimente sind die Hauptfaktoren für den Verschleiß, der vor allem durch Abrasion zustande kommt. Je kantiger die Sedimente zum Beispiel sind, desto höher ist der Verschleiß. Zusätzlich verschleißbestimmend ist auch der Grad der Bodenverdichtung. Je höher dieser ist, desto größer ist auch der Verschleiß. Andererseits gilt, dass der Verschleiß umso geringer ist, je höher der Wassergehalt und der Anteil an organischen Substanzen im Boden sind.
  • Werkzeugmaterial: Das verwendete Werkzeugmaterial hat natürlich einen ganz wesentlichen Einfluss auf den Verschleiß, und grundsätzlich gilt, je härter desto weniger Verschleiß. Dennoch aber würde ein maximales Härten von Stahl das Problem nicht vollständig lösen, da eine zunehmende Härte auch mit zunehmender Sprödigkeit einhergeht.
  • Arbeitsgeschwindigkeit: Grundsätzlich gilt, je höher die Arbeitsgeschwindigkeit, desto höher ist auch der Verschleiß.
  • Werkzeuggeometrie: Die Werkzeuggeometrie wird vor allem durch die Bauform des Werkzeugs bestimmt, aber auch durch andere Faktoren wie zum Beispiel den Schärfegrad. Verändert sich nun zum Beispiel der Schärfegrad eines Werkzeugs durch Abrasion, verändern sich dadurch auch die Werkzeuggeometrie und der Werkzeugwinkel. Ein nicht idealer Werkzeugwinkel geht wiederum mit zunehmendem Verschleiß einher. Zusätzlich dazu korrelieren eine ungünstige Werkzeuggeometrie und ein abnehmender Schärfegrad mit steigendem Zugkraft- und Treibstoffbedarf. Das heißt, hat der Verschleißprozess eines Werkzeugs erst einmal richtig begonnen, ist er nicht mehr aufzuhalten, gleichzeitig steigt der Treibstoffbedarf und die Qualität der Bodenaufbereitung sinkt. Somit ist ein geringer Verschleiß Garant für sowohl kosteneffiziente als auch optimale Bodenbearbeitung.
  • Einsatzzeit: Je länger Bodenbearbeitungswerkzeuge im Einsatz sind, desto höher ist natürlich auch der Verschleiß. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte natürlich eine Verlängerung der maximal möglichen Einsatzzeit eines Werkzeugs (Standzeit) eine hohe Priorität haben.
  • Bearbeitungstiefe: Je größer die Bearbeitungstiefe, desto höher ist der Verschleiß.

Materialien von Bodenbearbeitungswerkzeugen

Um die Vielzahl der auf dem Markt erhältlichen Werkzeuge zur Bodenbearbeitung besser vergleichen zu können, kann man sie in einige wenige Gruppen zusammenfassen:

  • Werkzeuge aus niedrig legierten Stählen
  • Randschichtgehärtete Werkzeuge oder Werkzeuge aus Mehrlagenblechen
    Grundsätzlich gilt, dass der Werkstoff Stahl umso härter wird, je mehr Kohlenstoff man ihm beimengt. Leider nimmt aber mit zunehmendem Kohlenstoffanteil auch die Sprödigkeit zu, während die Zähigkeit abnimmt. Damit der Werkzeugstahl die gewünschten Eigenschaften -hart und dennoch zäh- erhält, werden im flüssigen Zustand Legierungselemente wie Wolfram, Chrom, Bor oder Nickel beigefügt. Aber nicht nur die Zugabe von Kohlenstoff und Legierungselementen bestimmt den Härtegrad von Stahl, auch die weiteren Verarbeitungsprozesse spielen eine wesentliche Rolle. Bei Werkzeugstählen können diese Eigenschaften durch eine geeignete Wärmebehandlung den Erfordernissen des Einsatzes gezielt angepasst werden. Die Wärmebehandlung besteht aus mehreren Arbeitsgängen. Zuerst wird das Werkstück auf Härtetemperatur erwärmt und anschließend auf dieser Temperatur gehalten. Dann wird mit Wasserbad oder Ölbad abgeschreckt. Dadurch wird der Stahl sehr hart, aber auch spröde und bruchempfindlich. Um diese Versprödung zu verringern, werden die frisch gehärteten Werkstücke angelassen, das heißt auf Anlasstemperatur erwärmt und an der Luft langsam abgekühlt. Eine weitere Möglichkeit, eine möglichst optimale Nutzung der Eigenschaften Härte und Zähigkeit zu erhalten, ist das sogenannte Aufkohlen des Stahls. Dabei wird nur die äußere Randzone gehärtet. Somit bleibt der Metallkern zäh und stabil und die Oberfläche hart und abriebbeständig. Diese Eigenschaft lässt sich auch durch das Zusammenführen von verschiedenen Blechen (Walzplattierung) erreichen.
  • Aufgepanzerte Werkzeuge
    Um Stähle zu härten gibt es auch die Möglichkeit der manuellen Härtebeschichtung mittels Auftragsschweißen. Mit dieser Methode kann der Landwirt auch selbst eine harte Oberfläche an verschleißgefährdeten Bauteilen herstellen oder wiederaufbauen. Natürlich kann dieser Vorgang auch automatisiert durchgeführt werden.
  • Pulverbeschichtete Werkzeuge
    Eine weitere Variante, den Werkzeugverschleiß von Werkzeugen in der Bodenbearbeitung zu minimieren, ist der Einsatz verschiedener Beschichtungsverfahren wie PTA (Plasma Pulver Auftragsschweißen), CMT (Cold Metal Transfer) und Laser Hybrid Auftragsschweißen.
  • Werkzeuge aus Hartmetallen
    Hartmetalle sind Verbundwerkstoffe, die aus Carbiden bestehen. Carbide sind im Wesentlichen kleine Partikel, die durch eine zähe Matrix aus Metall zusammengehalten werden. Diese Sinterwerkstoffe werden aus Metallpulver hergestellt, die durch hohen Druck zu Werkstück-Presslingen geformt werden und in einer anschließenden Wärmebehandlung, dem Sintern, ihre Endfestigkeit erhalten. Hartmetallwerkzeuge werden aber nicht komplett aus Hartmetall gefertigt, sondern es werden Hartmetallplatten auf einen Grundkörper aus Stahl aufgelötet. Hartmetallscharen sind teuer, aber bei großen Bearbeitungsflächen dennoch aus wirtschaftlicher Sicht oft die sinnvollste Alternative.
  • Keramische Werkzeuge
    Am Werkstoff Keramik für Verschleißteile in Bodenbearbeitungswerkzeugen wird bereits geforscht. Das Herstellen von Keramik-Rohlingen ist relativ preisgünstig, das Problem der Sprödigkeit muss allerdings durch eine keramikgerechte Konstruktion im Zusammenspiel mit Stahl erst noch gelöst werden.
  • Werkzeuge aus Kunststoff
    Durch immer größer und schwerer werdende Landmaschinen steigt das Risiko der Bodenverdichtung, und größere Bodenverdichtung bedeutet eine Zunahme an Werkzeugverschleiß. Deswegen sind für die Konstruktion moderner Landmaschinen leichte und leistungsfähige Bauteile gefragt. In der Erntetechnik werden Kunststoffteile bereits erfolgreich eingesetzt und verbinden dort eine sehr hohe Belastbarkeit mit hoher Verschleißfestigkeit und geringem Gewicht. In der Bodenbearbeitung befindet sich der Werkstoff Kunststoff noch im Versuchsstadium.

Grundlagenforschung an der HTL Ried

In Zusammenarbeit mit dem Bodenbearbeitungsspezialist EINBÖCK entwickeln die beiden Maturanten Rafael Angleitner und Michael Fischerleitner unter der umsichtigen Betreuung von DI Bernhard Flatz gerade eine Testvorrichtung für Verschleißteile in Bodenbearbeitungsmaschinen. Verschiedenste Grubber und Striegel-Zinken sollen dabei unter gleichbleibenden Bedingungen getestet und verglichen werden können. Man darf gespannt sein, welche neuen hilfreichen Erkenntnisse für die richtige Wahl von Bodenbearbeitungswerkzeugen sich daraus ergeben.

Fazit

Noch gibt es in Bezug auf die richtige Wahl von Bodenbearbeitungswerkzeugen nur wenige standardisierte Vergleichswerte. Tatsache ist, dass der Verschleiß von vielen Faktoren abhängig ist und jeder Landwirt vor der Herausforderung steht, im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit aus der Fülle von Möglichkeiten das für seine individuelle Situation geeignetste Gerät auszuwählen. Dabei gilt es die Bodenbeschaffenheit, die Arbeitsgeschwindigkeit, die Einsatzzeit und natürlich die Kosten für die verschiedenen Materialien der Bodenbearbeitungswerkzeuge in Betracht zu ziehen und gegeneinander abzuwägen. Den einen Alleskönner unter den Bodenbearbeitungswerkzeugen, die „eierlegende Wollmilchsau“, gibt es (noch) nicht, und die Entscheidung, welches Gerät den individuellen Anforderungen am meisten entspricht, ist eine äußerst komplexe.

 

Quellen:
· Unterrichtsmaterialien Fertigungstechnik (A&UT), DI (FH) Bernd Wiesenberger, HTL Ried
· ÖKL Praxisseminar, 22.10.2020, Bildungswerkstätte Mold
· Bildmaterial: Einböck

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